LEE fordert stärkere Flexibilität bei Anrechnung von Gärresten

Biogasanlagenbetreiber schlagen praxisgerechte Verbesserungen bei Düngemittelverordnung vor

Erleichterung für Biogasanlagenbetreiber in Niedersachsen: Das Land Niedersachsen hat beschlossen, dass Anlagenbetreiber für Gärrückstände aus Biogasanlagen nicht mehr zwingend Lagerkapazitäten für neun Monate vorhalten müssen. Stattdessen dürfen sie die Gärreste auch auf Flächen Dritter als Düngemittel ausbringen. Dieser Beschluss folgt auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, das im April letzten Jahres zugunsten eines Klägers gegen die damals gültige Düngemittelverordnung entschieden hatte. Unter bestimmten Voraussetzungen kann fehlender Lagerraum nun durch Abgabe zur „Verwertung auf Flächen Dritter“ ersetzt werden.

Seit Ende des letzten Jahres stehen den flächenlosen Biogasanlagenbetreibern Dokumente wie Vollzugshinweise, ein Berechnungstool und Musterverträge auf der Homepage der Niedersächsischen Düngebehörde zur Verfügung. Dadurch können sie nun einen Teil der vorzuhaltenden Lagerkapazität von neun Monaten auch durch eine Verwertung zu Düngezwecken auf Flächen Dritter nachweisen.


Kritische Töne aus der Branche


Thorsten Kruse, Vorstandsmitglied von LEE und Biogasanlagenbetreiber, äußert sich dazu kritisch: „Es ist grundsätzlich positiv, dass nun auch in Niedersachsen die Düngung von Gärprodukten auf Flächen Dritter für die Lagerraumberechnung angerechnet werden kann. Die Biogasbranche hat jedoch mehr als anderthalb Jahre warten müssen, um nun im Sinne des Gerichtsurteils handeln zu können. In den Vollzugshinweisen wurden jedoch auch kritische Regelungen getroffen, die hinterfragt werden müssen.“


Gleichbehandlung aller Kulturen bei der Herbstwirksamkeit der Düngung


Kruse stellt die Frage, warum nur einige Kulturen für eine Anrechnung zugelassen sind: „Die Herbstwirksamkeit von Düngemaßnahmen hängt hauptsächlich vom Zeitraum der Gärproduktausbringung ab und nicht von den zu düngenden Kulturen. Daher ist es nicht nachvollziehbar, dass im Juni nur eine Düngung von Zweitkulturen, nicht aber von Hauptkulturen im Bestand anrechenbar ist. Wenn in dieser Zeit ein Düngebedarf ermittelt wurde und keine weiteren düngerechtlichen Einschränkungen gelten, sollte die Herbstwirksamkeit der Düngung für alle Kulturen gleich gelten. Insbesondere Hauptkulturen, die auch in der Biogasanlage genutzt werden, werden durch die aktuelle Regelung nicht berücksichtigt und der Kreislaufgedanke der Biogaswirtschaft und -substrate wird nicht unterstützt.“


Intelligente Steuerung der Nährstoffflüsse durch Vermittler


Kruse kritisiert auch den Grundsatz, dass Verträge mit sogenannten Vermittlern nicht anerkannt werden: „In vielen Betrieben ist die Abgabe von Nährstoffen über verschiedene Vermittler geregelt, die eine große Anzahl von Betrieben mit Düngebedarf verbinden und entsprechend Gärprodukte vermitteln. Dadurch wird eine intelligente Steuerung der Nährstoffflüsse ermöglicht, sodass je nach lokaler Witterung und Nährstoffversorgung von Einzelbetrieben kurzfristig andere Betriebe mit einer besseren Nährstoffeffizienz beliefert werden können. Ein solcher „Abnehmer-Pool“ sorgt letztendlich für mehr Sicherheit auf der Aufnehmerseite. Durch Meldeprogramme und Nährstoffbilanzen ist zu jeder Zeit eine Verfolgbarkeit der Gärprodukte gewährleistet. Daher sollten solche Abnahmeverträge ebenfalls anerkannt werden.“


Bürokratievermeidung notwendig


Die Umsetzung der Anrechnung ist mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden. Sowohl der abnehmende als auch der aufnehmende Betrieb müssen zusätzliche Dokumente bereitstellen und noch mehr Berechnungen vorlegen, als es das Düngerecht bereits vorschreibt.

Kruse schließt mit den Worten: „Obwohl das Land Niedersachsen einige bürokratische Hürden auf dem Weg zur Veröffentlichung der Dokumente beseitigt hat, sind hier durchaus einfachere Ansätze denkbar. Wichtiger ist jedoch, dass die Betreiber von Biogasanlagen im Sinne des Gerichtsurteils eine Verwertung zu Düngezwecken auf ihre vorzuhaltende Lagerkapazität anrechnen lassen können. Dafür muss die geäußerte Kritik berücksichtigt werden.“