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Mut zur Fläche!

Gute Beispiele kommunaler Flächenplanung

In Deutschland spielen Kommunen, also Gemeinden und Landkreise, eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Energiewende. Sie sind es, die vor Ort die Weichen stellen, indem sie unter anderem Flächen für Erneuerbare Energien, vor allem Windenergie und Solarparks, bereitstellen. Diese Aufgabe birgt sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Daher sollte der vorhandene Gestaltungsspielraum geschickt genutzt werden, um die nötigen Potenziale effektiv zu heben. Anhand von drei Praxisbeispielen aus niedersächsischen Kommunen wird deutlich, wie die Energiewende bei der Flächenausweisung unterstützt und gleichzeitig gelenkt werden kann.


Rahmenrichtlinie für Solarparks in der Samtgemeinde Weser-Aue


Die Samtgemeinde Weser-Aue im Landkreis Nienburg/Weser hat bereits frühzeitig einen geeigneten Kriterienkatalog und damit eine Positionierung zum Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen (Solarparks, FF-PV) im Samtgemeindegebiet beraten und veröffentlicht. Im Frühsommer 2022 haben sich zunächst die Ausschüsse und folgend die Räte der Samtgemeinde und der Einheitsgemeinden auf Rahmenrichtlinien geeinigt. Dies geschah also noch vor der Verabschiedung des novellierten Landesraumordnungsprogramms (LROP) des Landes Niedersachsen, welches deutliche Vereinfachungen in der Flächenfindung eröffnete. 


Zugleich hat die Samtgemeinde das Flächenziel von 0,5 % der Landesfläche für den Ausbau von FF-PV als Anlass genommen, in entsprechendem Maße Flächen in der Samtgemeinde auszuweisen zu wollen. Hier wurde das Bestreben der Landesregierung ernst genommen und die eigene Verantwortung dafür erkannt.


In der Samtgemeinde Weser-Aue wurden breite Faktoren für den Kriterienkatalog einbezogen, ohne dass es hier zu einer stark einschränkenden Steuerung der Flächenkulisse kommt. Eine einheitliche Bewertungsmatrix zu den einzelnen Anträgen unterscheidet dort zwischen unlösbaren Ausschlusskriterien (z.B. „Ortsgebiet“, „Naturschutzgebiet“ oder „Überschwemmungsgebiet“) und zu besprechenden Konfliktkriterien, zu welchen stets eine mögliche Lösung in Aussicht gestellt wird. Hierbei handelt es sich bspw. um Standorte mit hoher ökologischer Wertigkeit oder Wasserschutzgebiete. Auch die nahegelegene Wohnbebauung wird hier betrachtet, ohne direkt Grenzen hierfür vorzugeben. Insgesamt folgt die Bewertung einem klaren und nachvollziehbaren Muster.


Vorhabenträger können sich damit auf eine politisch beschlossene und schon länger bestehende Positionierung der Samtgemeinde einstellen, in welcher auch der besondere Umstand aufgegriffen wird, dass es im gesamten Samtgemeindegebiet keine Privilegierungstatbestände für den Ausbau der FF-PV gibt. Entsprechend wichtig sind die Leitlinien für die Bauleitplanung.


Ausweisung von Flächen für Windenergie im Wald im Landkreis Northeim


Der Landkreis Northeim zielt in seinem Entwurf zur Neuaufstellung des Regionalen Raumordnungsprogrammes (RROP) direkt auf die Zielerreichung des Gesamtziels von 2032 ab und geht sogar, in bestem Wissen darüber, dass ein Teil der Flächenkulisse nach aktuell geltender Rechtslage für die Windenergienutzung nicht zur Verfügung steht, darüber hinaus.


Trotz Ausschluss der Windenergie in historisch alten Waldstandorten über die Landesraumordnung (LROP 2017 (1)  : „Vorranggebiete Wald“) legt der Planungsträger des Landkreises Northeim an dieses Kriterium nämlich andere Maßstäbe an und betrachtet diese Bereiche differenzierter. Insbesondere verfolgt der Landkreis eine Prüfung nach tatsächlichen Beständen naturnahen Baumbestandes mit geringer anthropogener Überprägung und fehlender Bodenveränderung seit mindestens 200 Jahren. Dadurch erweitert sich die Potenzialflächen für die Windenergienutzung im RROP des Landkreises, da Nadelwaldbestände, die dort fälschlicherweise auch abgebildet sind, nicht als historisch alte Waldstandorte klassifiziert werden.


Breite Flächenauswahl für Windenergie in der Region Hannover


Die Region Hannover widersetzt sich den Flächenrestriktionen durch militärische und zivile Luftfahrtbelange – die sich als Höhenbeschränkungen auswirken – in seinen RROP-Entwürfen und weist deutlich mehr Fläche als Vorranggebiete für Windenergie aus, als es für die Region Hannover ursprünglich vorgesehen ist. Trotz Nichtanrechenbarkeit dieser Flächen auf das Flächenkonto nach Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG), folgt die Region ihren Bestrebungen zur Klimaneutralität und plant Flächen für Windenergieanlagen dort, wo sie erfahrungsgemäß trotz Höhenbeschränkungen wirtschaftlich erneuerbaren Strom produzieren können, ohne sich ausschließlich auf die Zielerreichung zu konzentrieren.


Weiterhin werden Potenzialflächen, die sich nach der einzelgebietlichen Prüfung nicht für eine Vorrangfestlegung eignen, anschließend anhand einheitlicher, gesonderter Planungskriterien (wie z. B. zum Artenschutz, militärischen Belangen und bestehenden Windenergieanlagen/Windparks (Repowering) etc.) hinsichtlich einer Vorbehaltsfestlegung abgeprüft bzw. abgewogen und entsprechend geeignete Potenzialflächen sodann als Vorbehaltsgebiete (2) Windenergienutzung festgelegt. Somit entsteht zusätzliche potenzielle Flächenkulisse für die Windenergie, anstatt die Gebiete nach negativer Prüfung fallen zu lassen.


Fazit: Flexibilität und Planbarkeit durch ausgewogene Auswahlkriterien


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der Auswahl von Flächen für erneuerbare Energieprojekte ein ausgewogener Ansatz entscheidend ist. Klare Kriterien sind essenziell, um die Auswahl zu strukturieren und Transparenz zu gewährleisten, ohne dabei das Potenzial wertvoller Flächen unnötig zu begrenzen. Vorhabenträger profitieren von dieser Klarheit, da sie eine solide Basis für die Planung und Umsetzung ihrer Projekte bietet. Die Erweiterung des Blickfeldes auf alle verfügbaren Flächen erhöht den Gestaltungsspielraum der Kommune im weiteren Verfahren. Dabei sollte der Wunsch nach Lenkung die Anerkennung der Vorteile, wie lokale Wertschöpfung und die Förderung von Standortvorteilen durch die Bereitstellung erneuerbarer Energien, nicht überdecken.


(1) https://www.ml.niedersachsen.de/lrop/neubekanntmachung-der-lrop-verordnung-2017-158596.html
(2) Vorbehaltsgebiete sind Gebiete, in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen bei der Abwägung mit konkurrierenden Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (§7 Abs. 3 Nr. 2 ROG).

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