Wärmeversorgung in Niedersachsen durch Biogas sichern

Leistung der Biogasanlagen kann kurzfristig um 20 Prozent erhöht werden

Der Russland-Ukraine-Konflikt führt der niedersächsischen Wirtschaft sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern ihre Abhängigkeit von importiertem russischen Erdgas schmerzhaft vor Augen. Doch gerade Niedersachsen mit seinen 1.709 Biogasanlagen bietet Alternativen bei der Wärmeversorgung, die kurz- und mittelfristig abrufbar sind.

Dazu Silke Weyberg, LEE-Geschäftsführerin: „Dass Biogas jahrelang energiepolitisch ein Schattendasein geführt hat, rächt sich momentan. Ungefähr 60 Prozent unserer Anlagen haben eine Wärmeauskopplung. Die Leistungen der Anlagen und damit auch die Wärmekapazitäten können wir bis zum nächsten Winter um 20 Prozent erhöhen. Damit kompensieren wir zwar nur einen Teil des russischen Erdgases, aber ein substanzieller Anfang ist gemacht.“


Strom und Wärme bei Abregelung entkoppeln


Weyberg weiter: „Voraussetzung dafür ist, Strom und Wärme bei der Einspeisung getrennt zu betrachten. Momentan werden bei einem Stromüberschuss im Netz Biogasanlagen teilweise über lange Zeiträume bis zu zwei Tagen abgeschaltet. Damit wird auch die Wärmeversorgung gekappt, was insbesondere im Winter fatale Folgen für die Endverbraucher hat. Im Endergebnis kommen dann wieder konventionelle, fossile Brennstoffe zum Einsatz. Einfache Lösung ist, Anlagen mit Wärmenetzen nicht mehr vollständig vom Stromnetz zu nehmen.“


Der Gasvorrat ließe sich mittelfristig aufstocken. Dazu müsste das Gasnetz aber für Biogasanlagen geöffnet werden: „Gassammelleitungen müssen vom Bestand her geplant werden. Dann können die Gasspeicher in den nächsten zwei bis fünf Jahren vollständig gefüllt werden“, so Weyberg.


Speicher und Remethanisierung bieten langfristig Versorgungssicherheit


Eine Schlüsselrolle kommt der Speicherung von Wasserstoff zu. Aus Sicht des LEE muss bei der Energiewende auch die Speicherung des Stroms mitgedacht werden, wenn Biogasanlagen an windreichen oder sonnenintensiven Tagen nicht in das Stromnetz einspeisen können. Silke Weyberg erklärt: „Wir könnten den sogenannten Überschussstrom der Biogasanlagen vor Ort für die Wasserstoffherstellung nutzen und den Wasserstoff ins Gasnetz einspeisen. Wir könnten ihn alternativ auch mit Kohlendioxid aus der Gasaufbereitung remethanisieren.“


Biogas kann 20 Prozent des Erdgases mittelfristig ersetzen


Würden sämtliche niedersächsische Biogasanlagen in das Gasnetz einspeisen, könnten Berechnungen des LEE zufolge mittelfristig 20 Milliarden Kilowattstunden an konventionellem Erdgas eingespart werden. Dazu LEE-Vorsitzende Bärbel Heidebroek: „Würden Elektrolyseure in Kombination mit Wind- und Sonnenenergie zur Wasserstoffproduktion eingesetzt, könnte die Einspeisung an den Biogasstandorten sogar verdoppelt werden.“


Erdgas ist prozentual derzeit der meistgenutzte konventionelle Energieträger in Niedersachsen. Der Erdgasverbrauch Niedersachsens liegt aktuell bei etwa 100 Milliarden Kilowattstunden jährlich.


PM 04/2022